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von Broody
 


Heinrich Heinz BARUCH

 
* 09.09.1899 in Berlin
† ??.08.1975 in Moroni (Komoren)

 
Heinz Baruch (Künstlername: Heinz Barger, später Henry Barger), war der Sohn des jüdischen Kaufmanns Oskar Baruch und seiner Frau Helene, geborene Loewy. Er war der erste „Manager“ der Comedian Harmonists. Ab Juni 1929 wurde er als Impresario ermächtigt, im Namen der Gruppe vorbehaltlich deren Zustimmung gegen Provision Verträge abzuschließen. Baruch stammte aus der Werbe-Branche und wohnte zu dieser Zeit in der Schillstraße 19 in Berlin-Tiergarten. Die Zusammenarbeit der Comedian Harmonists mit Mischa Spoliansky und ihre Mitwirkung in der Revue „Zwei Krawatten“ am Berliner Theater geht auf die Vermittlung Baruchs zurück. Dieser hatte im Juli 1929 Spoliansky und den Theaterdirektor Klein in eine Vorstellung der Comedian Harmonists im Kabarett „Der blaue Vogel“ mitgenommen, woraufhin Klein die Gruppe umgehend ab August für seine Bühne engagierte. Letztlich war die Gruppe aber offensichtlich mit der Leistung Baruchs unzufrieden und trennte sich von ihm bereits im September 1929. Neuer Impresario wurde ab Dezember 1929 Hellmut Jaretzki. Dennoch blieb die Gruppe um Harry Frommermann ihrem ehemaligen Manager verbunden, wie Künstlerpostkarten der Comedian Harmonists und der Comedy Harmonists im Nachlass von Heinz Baruch belegen.
Unmittelbar nachdem er die Comedian Harmonists verlassen hatte, wurde Heinz Baruch Manager der Weintraubs Syncopators. Die erste von ihm organisierte Deutschland-Tournee des Orchesters wurde ein Riesenerfolg. Ab 1933 wurde die überwiegend aus jüdischen Musikern bestehende Band mit Auftrittsverboten belegt. Fortan trat die Gruppe nur noch im Ausland auf, so in Dänemark, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Italien. Baruch, der sich jetzt nur noch Barger nannte, reiste der Gruppe voraus, führte vor Ort Verhandlungen mit den Konzertagenturen und lebte von seinem Erfolgshonorar. Ab 1935 absolvierte die Band eine anderthalbjährige Tournee durch Russland. In einem Radio-Interview aus dem Jahr 1962 berichtete Barger, dass er im Jahr 1936 bei der staatlichen russischen Musikagentur „GOMEZ“ die Russland-Tournee der Comedy Harmonists vermittelt habe. Ende 1936 gingen die Weintraubs Syncopators nach Japan, wo sie neben Bühnenauftritten auch Schallplattenaufnahmen machten. Von hier aus reiste Barger im Februar 1938 ins Exil in die USA und lebte in Chicago, später in New York unter dem Namen Henry Barger. Über seine Frau Doris ist nichts bekannt. Seine Schwester Auguste Lilly Marga Baruch war eine bekannte Künstlerfotografin und betrieb in Berlin ein eigenes Atelier, bevor sie 1935 nach Zürich emigrierte, wo sie 1966 verstarb.
 


Victor Max COLANI

 
* 30.10.1895 Zittau
† 25.11.1957 Den Haag (NL)

 
Ein Max Colani wirkte in der Gründungsphase der Comedian Harmonists Anfang 1928 für kurze Zeit mit. Die Identität dieses Sängers mit dem Schauspieler Victor Max Colani, der bereits seit 1909 in über 40 Stummfilmen mitwirkte und daneben als Operettenschauspieler tätig war, unter anderem am Großen Schauspielhaus in Berlin, ist nicht restlos geklärt. Dieser lebte bis 1930 in Berlin-Schöneberg, Gustav-Müller-Straße 19, danach bis 1933 in der Pariser Straße 12. Victor Max Colani emigrierte 1933 nach Holland, wo er 1943 mit einem Auftrittsverbot belegt wurde. Nach Kriegsende blieb er in den Niederlanden, wo er wohl weiter als Sänger, Schauspieler und Regisseur tätig war.
 


Rudolph FISCHER-MARETZKY

(eigtl. Rudolf Fischer)

 
* 26.12.1898 in Berlin
† 1.1.1966 in Berlin

 
Rudolf Fischer war das Kind jüdischer Eltern und wurde am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1898 in seinem Elternhaus in Berlin, Neue Königstraße 14/15, geboren. Sein Vater war der aus Ostpreußen stammende Geheime Sanitätsrat Dr. Eugen Fischer, geboren am 16. Mai 1863 in Johannisburg/Ostpreußen, praktischer Arzt und Leiter des größten Berliner Obdachlosenasyls „Die Palme“ in der Fröbelstraße. Nachdem ihm bereits im Februar 1934 die kassenärztliche Zulassung entzogen worden war, starb er am 3. November 1938 in Berlin. Fischers Mutter, Gertrud Anna Fischer-Maretzky, geboren am 4. März 1873 in Berlin, war Altistin und seit 1912 Kammersängerin am herzoglichen Hof Sachsen-Meiningen. Sie starb am 11. Januar 1929 in Berlin.
Schon mit sechs Jahren erhielt Rudolf Fischer Klavierunterricht am Privatkonservatorium von Franz von Hennig in Berlin-Mitte. In seiner Kindheit erlebte er die Freundschaft seiner Eltern zu dem Komponisten und Konzertpianisten Max Reger, dessen bekannteste Interpretin seine Mutter wurde. Fischer besuchte das Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin-Mitte, ebenso wie der spätere Pianist der Comedy Harmonists, Ernst Engel. Danach leistete er Militärdienst und wurde im 1. Weltkrieg an der Westfront eingesetzt. Von 1919 bis 1921 nahm Rudolf Fischer privaten Gesangsunterricht bei Professor Ludwig Mantler, Klavierstunden bei Bronislaw Ritter von Pozniak, studierte Kompositionslehre und Dirigieren bei Professor Eduard Behm und besuchte Vorlesungen zur Musikästhetik an der Friedrich-Wilhelms-Universität und zur Musikgeschichte an der Hochschule für Musik in Berlin. Eine geplante Gesangskarriere musste er aber wegen Stimmbandproblemen aufgeben. Nebenbei begleitete er seine Mutter bei Proben und Liederabenden am Klavier.
1922/23 absolvierte Rudolf Fischer eine kaufmännische Ausbildung bei der Firma Hermann Leiser Nachf. in Berlin, danach war er für mehrere Jahre Leiter einer Schuhhandelsgesellschaft in Danzig. Ab dem 15. Mai 1929 wurde er Leiter des Aufnahmestudios und ab August desselben Jahres Leiter der Künstler- und Aufnahmeabteilung der Electrola GmbH in Nowawes bei Potsdam (heute Potsdam-Babelsberg). Zuständig für das gesamte deutsche Aufnahmeprogramm organisierte er u. a. Titelauswahl und Plattenaufnahmen der Comedian Harmonists. Im Schriftverkehr nannte er sich Rudolph Fischer-Maretzki, wobei er den Mädchennamen seiner Mutter (eigentl. Maretzky) benutzte. Er wohnte zu dieser Zeit in Berlin-Wilmersdorf, Helmstedter Straße 19. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde Fischer Ende Juni 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung entlassen. Unmittelbar danach übernahm er als Sekretär die geschäftliche Korrespondenz der Comedian Harmonists, insbesondere während deren wochenlanger Abwesenheit für Konzerttourneen, ab Frühjahr 1934 ausschließlich im Ausland. Zeitgleich war er auch Manager des Baritons Willi Domgraf-Fassbaender, des Tenors Charles Kullmann und des Dirigenten Oreste Picardi. Fischer wohnte inzwischen in der Laubenheimer Str. 3 in Berlin-Wilmersdorf. Im Auftrag der Gruppe führte er die Auseinandersetzungen im Berufungsverfahren mit der Reichsmusikkammer um die Aufnahme der Mitglieder der Comedian Harmonists und schrieb an deren Präsidenten Wilhelm Furtwängler und Richard Strauss. Zudem vermittelte er seinen älteren Bruder, Rechtsanwalt Dr. Hanns Fischer, zur Vertretung in Rechtsstreitigkeiten an Mitglieder der Comedian Harmonists.
Nach dem unausweichlichen Auseinanderbrechen der Gruppe gingen Rudolf Fischer und seine Frau Lilly, die er im Juli 1933 geheiratet hatte, im März 1935 gemeinsam mit Harry Frommermann, Roman Cycowski, Erich Collin und deren Ehefrauen nach Wien. Familie Fischer wohnte in der Julienstraße 35 im 18. Wiener Bezirk, unweit von den Familien Collin und Frommermann. Rudolf Fischer machte sich um den Aufbau der Exilgruppe verdient, unter anderem schmuggelte er bei der Flucht nach Österreich einen größeren Geldbetrag nach Wien, der in der Anfangszeit das Auskommen der anderen sicherte. Im Mai 1935 musste er von Wien aus die Registrierung einer Comedian Harmonists GmbH in Paris gegenüber Biberti verteidigen. Außerdem versuchte Fischer, in Wien eigene künstlerische Vorhaben zu verwirklichen. Bereits im Sommer 1935 wurde er von Wilhelm Stein als letztem Sekretär der Gruppe abgelöst. Fischers Ehefrau kehrte im Spätsommer 1935 allein nach Berlin zurück und ließ sich zum Jahresende von ihm scheiden.
Über die Gründe von Fischers Auswanderung nach Italien im Februar 1937 kann nur spekuliert werden. Nachdem er sich im Herbst 1937 in Berlin noch einen neuen Pass ausstellen ließ, verbrachte er die folgenden zwei Jahre in Prag und floh kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges nach London. Dass die Nationalsozialisten im März 1939 den zusätzlichen Vornamen Israel auf seiner Geburtsurkunde eintragen ließen, blieb wahrscheinlich von ihm unbemerkt. In London verdingte sich Fischer zunächst als Fabrikarbeiter, nach seiner Entlassung hatte er sporadische Einkünfte aus kaufmännischer und künstlerischer Tätigkeit, versuchte sich Ende der 40er Jahre mit einer eigenen Exportfirma, war Angestellter, zeitweilig wieder arbeitslos und lebte von Gelegenheitsjobs und Sozialunterstützung. Ungeachtet dessen gab Fischer, der Bratsche spielte, gelegentlich Konzerte zusammen mit dem Cellisten Martin Lowett und dem aus Österreich emigrierten Geiger Norbert Brainin, die beide später mit dem Amadeus-Quartett berühmt wurden.
Nach zwei weiteren gescheiterten Ehen heiratete Rudolf Fischer 1953 in London seine vierte Frau Alma Kathleen Lee, geboren am 24. Mai 1924. Als begeisterter Musik- und Theaterkenner schrieb er Artikel über Künstler und Aufführungen für Londoner Zeitungen. Schließlich nahm er eine Bürotätigkeit an und verwaltete nebenbei das Vermögen seines verstorbenen Schwiegervaters. Ab 1955 erhielt er erste Vorschüsse auf Entschädigungszahlungen aus Deutschland.
Diese Gelder und eine später bewilligte Entschädigungsrente ermöglichten ihm Erholungsreisen nach Spanien und Deutschland, wo er ein hartnäckiges Darmleiden behandeln ließ. Im Sommer 1959 schrieb er einen Brief an Robert Biberti in Berlin, da er dessen Hilfe bei der Geltendmachung weiterer Ansprüche gegenüber den Entschädigungsämtern benötigte. Dazu nahm er auch wieder Kontakt zu seiner früheren ersten Frau Lilly Ruth in Berlin auf. Ab Januar 1964 entwickelte sich erneut ein sporadischer Briefwechsel mit Biberti, vor allem weil sich Fischer inzwischen mit Rückkehrgedanken trug. Auf Bitten Bibertis kümmerte er sich bei der His Master’s Voice in Hayes um dessen Lizenz-Ansprüche seit September 1939. Ende September 1964 übersiedelte Rudolf Fischer, der sich einige Jahre zuvor von seiner vierten Frau getrennt hatte, wieder nach Berlin und lebte zunächst zur Untermiete bei Biberti. Sein Gesundheitszustand hatte sich inzwischen weiter verschlechtert. Nachdem er Anfang 1965 noch ein eigenes möbliertes Zimmer in der Xantener Str. 10 in Berlin-Wilmersdorf bezogen hatte, verstarb Rudolf Fischer nach einer akuten Herzerkrankung am 1. Januar 1966 im Krankenhaus Berlin-Spandau. Robert Biberti stand mit Fischers erster Ehefrau Lilly Ruth noch bis zu deren Tod im Jahr 1981 in engem persönlichem und postalischem Kontakt. Fischers vierte Ehefrau Alma starb im Januar 2001 in London.
 


Hellmut JARETZKI

(gen. „Jaro“, auch Hellmut Colman-Jaretzki, Pseudonym „Fred A. Colman“, nach Emigration Hellmut-Anatole Jaro)

 
* 28.12.1905 in Berlin
† 12.1.1988 in Washington D.C. (USA)

 
Hellmut Jaretzki war der Sohn von Isidor Jaretzki aus Berlin und jüdischer Abstammung. Er besuchte in Berlin das Fichte-Gymnasium sowie das Helmholtz-Realgymnasium und legte 1923 das Abitur ab. Danach studierte er an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität sechs Semester Kunstgeschichte und Philosophie. Ab 1924 arbeitete er für ein Jahr bei der UFA als Presseassistent in der Propaganda- und Reklamebildabteilung. Daneben begann Jaretzki seine Journalistentätigkeit für das „8-Uhr-Abendblatt“ und für die Verlage Ullstein, Mosse, Scherl, Paul Aretz in Dresden sowie den Verlag Rothgiesser & Diesing A.G. in Berlin. Er schrieb Artikel für Kulturzeitschriften wie “Revue des Monats”, “Die elegante Welt”, „Die Schönheit“, „Der Rosenkavalier“, „Porza“ oder „Der Querschnitt“. Von 1927 bis 1933 arbeitete er auch als Funkjournalist und Radioreporter beim Berliner Rundfunk und für die Sender Köln, Hamburg und Münster. Er begründete die Sendereihe „Die Werkstatt der Lebenden“ und moderierte ab 1931 die Reihe „Von der bildenden Kunst“, in der er zeitgenössische Künstler interviewte und so einem breiten Publikum deren Persönlichkeiten und künstlerisches Schaffen näherbrachte. Dabei entstanden unter anderem Radioporträts der Maler Max Liebermann und Max Pechstein, des Bildhauers Georg Kolbe, der Architekten Hans Poelzig und Bruno Paul, der Grafikerin Renée Sintenis und des Zeichners Heinrich Zille, aber auch Beiträge über das Dessauer Bauhaus und über die Hilfsorganisation für in Not geratene Künstler. Daneben veröffentlichte er Beiträge wie „Der Rundfunk und die bildende Kunst“ in der Rundfunk-Zeitschrift „Rufer und Hörer“. Gemeinsam mit Ernst Engelbrecht schrieb er 1928 „Das Gift als Mordwaffe“, unter seinem Pseudonym Fred A. Colman erschien 1928 das illustrierte Buch „Artisten“ über berühmte Zirkuskünstler, 1930 „Die verliebte Mode“ über Kleidung, Schönheit und Eitelkeit.
Ab Dezember 1929 war Hellmut Jaretzki nach Heinz Baruch der zweite „Manager“ der Comedian Harmonists. Er stellte ihnen sein Büro in der Xantener Straße 14 in Berlin-Wilmers-dorf zur Erledigung der Korrespondenz zur Verfügung und erhielt am 4. Dezember 1929 die schriftliche Vollmacht, im Namen der Gruppe zu verhandeln und nach Rücksprache Verträge abzuschließen. Bis dahin wurden Korrespondenz, Verträge, usw. zum Teil auch von Collin, Frommermann, Bootz, Biberti und anderen erledigt. Im Juli 1930 schrieben die Comedian Harmonists an verschiedene Konzertagenturen, man habe sich von Herrn Colman-Jaretzki auf freundschaftlichem Wege getrennt und würde die Geschäfte jetzt allein führen.
Danach führte Jaretzki seine kunstwissenschaftliche Tätigkeit weiter, u. a. war er 1931 Kurator der Ausstellungen „Sezession Graz“ und „Fahrende Leute“ mit Werken von Otto Dix, Pablo Picasso, Georg Grosz und anderen.
Von 1931 bis 1933 war Hellmut Jaretzki Reklamedirektor und Leiter der Verlagsabteilung der „Haus Bergmann Zigaretten A. G.“ in Berlin. Dort gab er 1932 unter Mitarbeit von Max Ehrlich und Walter Trier das dreibändige Sammelalbum „Bergmanns bunte Bücher“ heraus. Im Herbst 1933 wurde er wegen seiner jüdischen Abstammung entlassen. Auch beim Rundfunk fand er keine Beschäftigung mehr.
Hellmut Jaretzki war unter der Nummer 4912 Mitglied der Reichsschrifttumskammer, die ihn im März 1935 ausschloss. 1935 erscheint er im Berliner Adressbuch noch als „Verlagsleiter“ unter der Adresse Berlin-Schmargendorf, Hubertusbacher Straße 10, seine Wohnung lag in der Heilbronner Straße 8. Durch seine Erwerbslosigkeit und das Ausbleiben von Tantiemen konnte er die Miete nicht mehr zahlen und musste die Wohnung 1936 aufgeben. Danach wohnte er bei einem Bekannten in der Kantstraße und lebte von jüdischer Wohlfahrtsunterstützung. Im Oktober 1939 emigrierte er über Antwerpen nach New York. Als Hellmut-Anatole Jaro lebte er in Chicago und heiratete 1952, seine Ehefrau hieß Virginia und wurde 1914 geboren. Bis 1942 hatte er nur gelegentliche Einkünfte als Hotelbuchhalter, Empfangschef und Skilehrer. Ab 1943 war er Verlagsredakteur. 1953 erfolgte seine Einbürgerung in die USA. Von 1950 bis 1956 arbeitete er für die „Encyclopaedia Britannica“, später war er als politischer Analyst und Kommentator tätig und bereiste mehrfach Europa. Nach dem Erwerb eines Doktortitels arbeitete er in den 1970er Jahren in Wien für das Amerika-Institut und die American Medical Society. Jaretzki führte einen sporadischen Briefwechsel mit Robert Biberti und Erich Collin. Er starb im Januar 1988 in Washington. Seine Ehefrau starb im Februar 1984 in Wien.
 


Walter Louis JOSEPH

 
* 20.11.1890 in Berlin
† 22.7.1954 in Lake Placid (USA)

 
Der Pianist Walter Joseph wurde in Berlin als Sohn des jüdischen Kaufmanns Samuel Joseph und dessen Ehefrau Margarete, geb. Bry, geboren. Er hatte drei Geschwister. Walter Joseph besuchte in Berlin von 1896 bis 1908 das Wilhelmsgymnasium. Nach dem Abitur studierte er Jura an den Universitäten Freiburg, München und Berlin. Kurz vor dem Referendariat brach Walter Joseph das Jurastudium ab und begann, Musik an der Hochschule für Musik zu studieren, unter anderem bei Professor Heinrich Barth. Im Winter 1913 wurde er Korrepetitor an der städtischen Oper Hamburg.
Von 1914 bis 1918 war Walter Joseph Soldat im Ersten Weltkrieg und nahm am Russlandfeldzug teil. Am 12. April 1919 heiratete er in Berlin seine Frau Alice, geb. Liebmann, geboren am 23. Juni 1893 in Berlin. Am 9. Oktober 1922 wurde seine Tochter Lilli geboren. In Berlin war Joseph ab 1919 Pianist der bekannten Nelson-Revuen und spielte mit Rudolph Nelson an zwei Flügeln im Duett, unter anderem in der Revue „Lichter von Berlin“ (1927). In den Jahren 1928 und 1929 sind mehrere solcher Klavier-Duette der beiden Pianisten mit Kompositionen Nelsons auf Schallplatte erschienen, so die Titel „Parmer Veilchen“, „Vis-a-vis“, „Friederike“, „Josefin“ und „Tombola-Potpourri“. Im Jahr 1929 wirkte Joseph in dem Kurzfilm „Und Nelson spielt“ mit. Außerdem war er als Kapellmeister an der Komischen Oper Berlin, an der Volksbühne und am Deutschen Künstlertheater in der Nürnberger Straße tätig.
Von 1930 bis 1933 war Walter Joseph Solopianist bei der UFA. Er begleitete musikalisch die Erich-Pommer-Produktionen „Der blaue Engel“ (1930) mit Marlene Dietrich sowie „Liebeswalzer“ (1930) und „Der Kongress tanzt“ (1931) mit Lilian Harvey und Willy Fritsch. Außerdem war er Solo-Repetitor für Gitta Alpar, Gustav Fröhlich, Richard Tauber, Willi Forst und andere. Durch die Tätigkeit bei der UFA arbeitete Joseph auch mit dem Dramaturgen Robert Liebmann zusammen, dem Bruder seiner Frau, der auch ihr Trauzeuge war.
Von Januar bis August 1931 war Walter Joseph Pianist der Comedian Harmonists. Er ersetzte Fried Walther, mit dem die Gruppe offenbar nicht zufrieden war. Walter Joseph wohnte zu dieser Zeit in Berlin-Wilmersdorf, Bregenzer Straße 11. Auf einem Gruppenfoto aus dieser Zeit ist der Mann mit der hohen Stirn ganz links im Bild zu sehen. Walter Joseph übernahm auch einen Teil der geschäftlichen Korrespondenz. Es ist allerdings nicht vollends sicher, ob er durchgängig die Klavierbegleitung der Konzerte übernahm. Es gibt zum Beispiel Hinweise darauf, dass die Auftritte im Schauspielhaus Leipzig Anfang März 1931 wieder von Erwin Bootz begleitet wurden, während die Konzertankündigungen für April bis August 1931 ausweisen: „am Flügel: Walter Joseph“. Die Schallplattenaufnahmen jener Monate sind offenbar von Walter Joseph begleitet worden, insbesondere „Baby“ und „Du bist nicht die Erste“, außerdem dürfte er bei den Filmaufnahmen zu „Der falsche Ehemann“, „Der ungetreue Eckehart“ und „Bomben auf Monte Carlo“ die Klavierbegleitung gespielt haben. Offenbar genügte auch Joseph den Anforderungen nicht, vor allem die Electrola kritisierte, dass sich seine Klavierbegleitung aufnahmetechnisch nicht mit dem Gesang der Gruppe harmonisieren ließ, und im Sommer 1931 gab es Erwägungen, den erfahrenen Pianisten Adam Gelbtrunk, tätig unter anderem in der Kapelle von Efim Schachmeister und am Großen Schauspielhaus in Berlin, für Proben einzuladen. Jedenfalls schied Walter Joseph im August 1931 aus dem Ensemble aus. Ab September übernahm Erwin Bootz wieder den Klavierpart.
Walter Joseph war zwischen 1930 und 1933 auch Pianist im Tingel-Tangel-Theater von Friedrich Hollaender, den er vermutlich von den Nelson-Revuen kannte. Aus dieser Zeit (etwa März 1932) stammt eine ELECTROLA-Testaufnahme mit Annemarie Haase (Gesang) und Walter Joseph (Klavier) von „An allem sind die Juden schuld“ aus der Hollaender-Revue „Spuk in der Villa Stern“.
Walter Joseph war Kapellmeister und gefragter Korrepetitor in Berlin. Der Komponist Alfred Guttmann sagte über ihn: „In Berlin war er DER Korrepetitor. Wer eine Uraufführung hatte, oder irgendetwas zum Einstudieren, ging zu Walter Joseph. Er konnte alles spielen. Spielte vom Blatt, das war ein Notenfresser. Ein kleiner, ein richtiger Berliner: ein dicker Herr mit einer uferlosen Glatze und er lispelte. Er war ein Unikum.“
Am 5. Februar 1933 kündigte ihm die UFA wegen seiner jüdischen Abstammung. Die Familie emigrierte Ende März 1933 nach Frankreich und ließ ihr Hab und Gut zurück. Zunächst versuchte Walter Joseph, in Paris ein Bar zu eröffnen, was aber scheiterte. 1936 bekam er eine Anstellung bei Radio Cité in Paris. Im Januar 1936 begleitete er am Piano Plattenaufnahmen mit Edith Piaf. Unmittelbar nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Familie für zwei Monate im Lager Libourne bei Bordeaux interniert. Nach dem Beginn des Westfeldzugs der Deutschen Wehrmacht wurden die Familienmitglieder von Mai bis Juni 1940 erneut interniert, Walter Joseph in Libourne, Frau und Tochter im Lager Gurs. Danach hielt sich die Familie bis Mai 1941 zwangsweise in Oloron-Sainte-Marie am Fuß der Pyrenäen auf. Am 15. Mai reiste die Familie mit der SS „Wyoming“ von Marseille in Richtung Martinique, um von dort aus Amerika zu erreichen. Das Schiff wurde aber in Casablanca aufgehalten. Am 18. Mai wurde die Familie trotz vorhandener Visa für die USA verhaftet und im Lager Qued Zem am Rande der marokkanischen Wüste interniert. Erst am 25. Juli 1941 konnten alle drei auf der SS „Guiné“ nach New York weiterreisen.
Dort versuchte Walter Joseph sofort wieder musikalische Beschäftigung zu finden. Mit dem Silving-Quartett (Bert Silving, eigtl. Berthold Silbiger) trat er bis Herbst 1945 in der New Yorker Town Hall in mehreren Veranstaltungen auf, in denen Wiener Kleinkunst präsentiert wurde, erstmals in der Revue „Das war Wien!“ am 11.9.1943. Im Dezember 1946 stellten Walter, Alice und Lilli Joseph Einbürgerungsanträge für die USA.
Am 8. Oktober 1949 gehörte Walter Joseph zu den Mitwirkenden im Programm zum 29. Jubiläum des KadeKo, veranstaltet von dessen Gründer Kurt Robitschek in der New Yorker Carnegie Hall unter dem Titel „25. Nacht der Prominenten. Einmalige Jubiläums-Gala-Vorstellung Kabarett der Komiker“. Im Februar 1952 spielte Walter Joseph bei einem Kurt-Weill-Gedächtniskonzert in der Town Hall von New York gemeinsam mit anderen Künstlern, unter anderem mit dem Pianisten der Comedy Harmonists, Fritz Kramer. Zu dieser Zeit wohnte Familie Joseph in New York, 545 W 162nd Street. Walter Joseph starb während eines Besuchs bei Freunden in einem Hotel in Lake Placid im Juli 1954 an einem Schlaganfall. Seine Frau Alice starb im Juli 1985.
 


Louis KALIGER

 
* 18.11.1885 (?)
† 1944 (?)

 
Der Tenor Louis Kaliger ist ab 1918 im Deutschen Bühnen-Jahrbuch verzeichnet und war in der Gründungsphase der Melody Makers deren erster Tenor. Er wurde aber bereits im März 1928 entlassen und durch Ari Leschnikoff ersetzt. Danach lebte Kaliger weiter in Berlin und wirkte in den 1930er Jahren als Sänger und auch als Schauspieler in zwei Kurzspielfilmen. Er soll 1944 verstorben sein.
 


Walter NUSSBAUM

 
* ?
† ?

 
Der Tenor Walter Nussbaum wurde im Frühjahr 1928 von Robert Biberti ins Ensemble mitgebracht und war vor Erich Collin zweiter Tenor der Melody Makers bzw. der Comedian Harmonists. Nach dem Ausscheiden von Theodor Steiner gehörte er neben Harry Frommermann, Ari Leschnikoff, Roman Cycowski, Robert Biberti und Erwin Bootz zum ersten auftrittsfähigen Ensemble. Auch an den ersten Plattenaufnahmen im August 1928 unter dem Titel „Gesangsquintett Comedian Harmonists vom Großen Schauspielhaus, Berlin“ war er demnach beteiligt. Offenbar waren ihm zum Teil auch die geschäftlichen Angelegenheiten übertragen, denn er bahnte im April 1928 sowohl den später wieder aufgehobenen Vertrag mit dem Kabarett der Komiker für Oktober als auch im Oktober den Vertrag mit der Barberina-Ambassadeurs Restaurantgemeinschaft für November 1928 an. Im Oktober 1928 gehörte er außerdem zu den Unterzeichnern des Vertrages mit der Schallplattenfirma Odeon und war am ersten großen Engagement der Comedian Harmonists, der Revue „Casanova“ am Großen Schauspielhaus Berlin, beteiligt. Darüber hinaus arrangierte er die Verträge mit dem Hamburger Hansa-Theater für Februar 1929 und den mit der Berliner Scala für Juni 1929. Nussbaum wohnte zu dieser Zeit in der Holsteinischen Straße 20 in Berlin-Steglitz. Aus unbekannten Gründen erfolgte Ende 1928 seine Kündigung zum 1. Februar 1929 mit der Begründung, dass er künstlerisch nicht in das Ensemble passe. Nach späteren Bekundungen von Robert Biberti gab es aber auch zwischenmenschliche Konflikte. Das Engagement im Hansa-Theater Hamburg wurde bereits mit dem neuen Tenor Willi Steiner absolviert. Nach neueren Auswertungen handelt es sich bei der Person im Buch von Czada/Große, S. 33, rechts unten, um Walter Nussbaum, auf Seite 34 links oben ist dagegen Willi Steiner abgebildet. Walter Nussbaum legte gegen seine Kündigung Widerspruch ein, es gelang ihm aber nur, die Kündigung auf Mitte März 1929 hinauszuzögern und so noch das gesamte Engagement am Großen Schauspielhaus zu absolvieren. Schließlich verklagte Walter Nussbaum die Comedian Harmonists im Mai 1929 sogar auf Einhaltung der mit ihm geschlossenen Auftritts- und Aufnahmevereinbarungen bzw. auf Schadenersatz, jedoch erfolglos. Unmittelbar darauf zog Walter Nussbaum nach Berlin-Pankow und betätigte sich vermutlich weiter als Chorsänger und Künstleragent. Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.
 


Theodor STEINER

 
* 5.3.1905 in Berlin
† 3.6.1970 in Wien

 
Theodor Steiner war der Sohn jüdischer Eltern, des Kaufmanns Géza Steiner (1870 – 1932) und seiner Frau Anna, geborene Schönwald. Sein Vater stammte aus Budapest. Theodor Steiner studierte an der Hochschule für Musik in Berlin Gesang bei Professor Oskar Daniel. Als Bühnenkollege Frommermanns war er mit diesem gemeinsam der geistige Urheber und Gründer der Melody Makers nach dem Vorbild der amerikanischen Revellers. Frommermann kümmerte sich um das künftige Repertoire, Steiner um die geschäftlichen Dinge. Gemeinsam mit Frommermann suchte er nach ersten Mitstreitern und hörte sich das Vorsingen der Bewerber an, auch das von Robert Biberti. Die ersten Dokumente des Ensembles, unter anderem die schriftliche Einladung vom 29. Dezember 1927 an Biberti zum Vorsingen und der Vertrag der Gruppe „The Melodie Makers“ mit Robert Biberti vom 1. April 1928 tragen Steiners Unterschrift. Zu dieser Zeit wohnte er in Berlin-Mitte, Karlstraße 25 (heute Reinhardtstraße). Von Theodor Steiner existiert in den bislang bekannten Quellen kein Foto. Noch bis Mai 1928 war er als Bariton und vermutlich auch als Klavierbegleiter Mitglied der Gruppe. Dann wurde er von dem Bariton Roman Cycowski ersetzt, den Klavierpart übernahm Erwin Bootz, die geschäftlichen Angelegenheiten erledigte die Gruppe danach zunächst paritätisch.
Theodor Steiner lebte von 1929 bis 1934 in Hamburg. Im Deutschen Bühnen-Jahrbuch ist er noch bis 1934 als Chorsänger verzeichnet. Im März 1934 emigrierte er nach St. Gallen (Schweiz), von wo er im Frühjahr 1946 zurückkehrte. Danach betätigte er sich vor allem als Hörspielregisseur und war Oberspielleiter beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Später wurde er Leiter des Ausbildungswesens beim Hessischen Rundfunk. Theodor Steiner wohnte mit seiner Ehefrau Marie, geb. Müller, zunächst Auf der Körnerwiese 19 in Frankfurt am Main, später im Wilhelm-Beer-Weg 127. Im Jahr 1965 hatte er einen Kurzauftritt in dem Fernsehfilm „Dr. Murkes gesammelte Nachrufe“ nach Heinrich Böll, mit Dieter Hildebrandt, Dieter Borsche und den Jacob-Sisters. Der Film spielt im Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Im gleichen Jahr zog Steiner zu seiner Lebensgefährtin Ria nach Bad Homburg, Dietigheimer Straße 19, und stand noch bis kurz vor seinem Tod in sporadischem Briefkontakt mit Harry Frohman (Frommermann). Theodor Steiner verstarb am 3. Juni 1970 in Wien.
 


Willi STEINER

 
* ?
† ?

 
Willi Steiner wurde Ende 1928 als zweiter Tenor der Comedian Harmonists eingearbeitet, um Walter Nussbaum abzulösen. Zuvor war er als Darsteller und Sänger an Berliner Bühnen engagiert, unter anderem am Neuen Operettenhaus Berlin (heute Theater am Schiffbauerdamm). Zu dieser Zeit lebte er in Berlin-Charlottenburg, Krumme Straße 56. Nach neueren Erkenntnissen handelt es sich bei der Person im Buch von Czada/Große, Seite 16, unten rechts, wie auch auf Seite 34, oben links, um den Tenor Willi Steiner. Nach der Kündigung Nussbaums absolvierte Willi Steiner mit den Comedian Harmonists im März 1929 das Engagement im Hansa-Theater in Hamburg. Doch sehr schnell merkte die Gruppe, dass sich Willi Steiner entgegen der anfänglichen Auffassung stimmlich nicht bewährt. Gegen Ende des Engagements stand fest, dass er abgelöst werden soll. Ohne sein Wissen fanden ab April 1929 bereits erste Proben mit dem künftigen zweiten Tenor Erich Collin statt.
Nach seinem Ausscheiden bei den Comedian Harmonists war Willi Steiner als Opernsänger in Berlin tätig. Zu dieser Zeit wohnte er in der Hauptstraße 149 in Berlin-Schöneberg. Nach dem Krieg betrieb er in Berlin-Schöneberg eine Gastspieldirektion.
 


Paul STRASSER

 
* 26.01.1892 in Dresden
† 02.11.1958 in Berlin

 
Paul Strasser war der Sohn des Schauspielers Arthur Johann (eigtl. Salomon) Strasser aus Berlin („Das Meer“, 1926), geboren am 14. Dezember 1857 in Ungarn. Der Bruder Paul Strassers war der Komponist und Kapellmeister Alfred Strasser (*28. Mai 1895 † 9. März 1967, zeitweilig Erster Kapellmeister der Komischen Oper Berlin, nach dem Krieg Filmkomponist, u. a. „Der Vetter aus Dingsda“, 1953, und „Das Spukschloss im Spessart“, 1960). Paul Strasser war verheiratet mit Elisabeth Jacobine Strasser, geb. Knödler, geboren am 26. September 1899 in Curry bei Metz (Frankreich), gestorben am 29. August 1962 in Merxhausen bei Kassel.
Nach dem Besuch der Volks- und Realschule in Wien übersiedelte Paul Strasser mit seiner Familie 1906 nach Berlin, wo er eine Privatschule besuchte. Von 1909 bis 1917 studierte er am Stern‘schen Konservatorium Klavier, Komposition und Dirigieren, von 1914 bis 1916 war er auch Solo-Repetitor am Deutschen Opernhaus in Berlin. Im Ersten Weltkrieg wurde er 1917 wegen seiner ungarischen Staatsangehörigkeit nach Budapest eingezogen.
Nach dem Krieg war er Pianist bei Rudolf Nelson, u. a. in der Revue „Total Manoli“ (1920), musikalischer Leiter der Kabaretts „Schwarzer Kater“, „Roland von Berlin“ und ab
1925 im “Kabarett der Komiker”. Als Komponist schuf er u. a. die Kabarett-Revuen „Die fleißige Leserin“ (1926) und „Die fleißige Hetäre“ (1927) im Renaissance-Theater und die Kinderrevue „Hans im Glück“ (1927) sowie “Wo waren Sie?” (1933), für Claire Waldoff komponierte er „Die Kartenlegerin“ (1928), „Wegen Emil seine unanständige Lust“, „Lied von der Harfenjule“, „Boxermaxe“, „Die Tante is nich meine Tante“ und „Det muss man jar nich ignoriern’n“ (1929) und “Unsere Havel ist unser Rhein” (1932), außerdem schuf er Kompositionen für Werner Fincks „Katakombe“ (1931), für Rudolf Platte, Elly Glässner, Kate Kühl und andere. Daneben machte er Filmmusik, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen. Bis etwa 1930 wohnte er bei seinem Vater in der Kaiser-Friedrich-Straße 54, bevor er eine eigene Wohnung in der Keithstraße 22 bezog.
Nach dem Ausschluss aus der Reichsfilmkammer als „Nichtarier“ im Februar 1935 versuchte er, sein künstlerisches Wirken ins Ausland zu verlagern, so z. B. im Kabarett “La Gaité” in Paris, im „Tempo Follies“ in Amsterdam sowie in Wien und Budapest.
Im April 1936 haben in Wien Proben der Comedian Harmonists mit Paul Strasser sowie die Aufnahmen von „In stiller Nacht“ und „Sandmännchen“ stattgefunden, die auf HMV veröffentlicht wurden. Im Juni 1936 sagte Strasser eine weitere Mitwirkung wegen anderer Verpflichtungen jedoch ab.
1941 erhielt er von der Reichsmusikkammer als “Vierteljude” eine Sondergenehmigung für musikalische Tätigkeiten, nicht jedoch als Komponist. Nachdem seine Wohnung bei einem alliierten Bombenangriff am 26. Februar 1945 zerstört wurde, wies man ihm eine Wohnung in Berlin-Schmargendorf in der Warnemünder Straße 11 zu. Unmittelbar nach dem Krieg nahm er seine musikalische Tätigkeit wieder auf und wirkte als Komponist beim Berliner Rundfunk sowie als Kapellmeister am Theater am Schiffbauerdamm und am Deutschen Theater in Berlin. Daneben schrieb er Hörspielmusik („Das Hauptbuch der Solvays“, 1950 und „Die Heirat“, 1952) und schuf die Filmmusik für den gleichnamigen DEFA-Film (1955). Anfang 1956 wanderte er gemeinsam mit seiner Frau zu deren Tochter aus erster Ehe nach Texas aus, wo er 1957 einen Schlaganfall erlitt. Kurz nach seiner Rückkehr nach Berlin starb Paul Strasser Ende 1958.
 


Fried WALTER

 
* 19.12.1907 in Ottendorf-Okrilla (Sachsen)
† 8.4.1996 in Berlin

 
Fried Walter (eigentlich Walter Emil Schmidt) wurde zunächst wie sein Vater Lehrer, absolvierte dann aber bis 1928 ein Studium an der Orchesterschule der Dresdener Staatskapelle. Den Künstlernamen Fried Walter gab er sich bei seinem ersten Engagement als Korrepetitor in Gotha, um sich von den anderen „Schmidts“ zu unterscheiden und behielt ihn dann ein Leben lang bei. Nach einem Engagement als Kapellmeister in Gera studierte Fried Walter am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium Berlin in einem neu eingerichteten Kurs für Film- und Radiomusik und studierte unter anderem bei Kapellmeister Dr. Giuseppe Becce und in der Meisterklasse von Arnold Schoenberg. Daneben besorgte er musikalische Bearbeitungen für verschiedene Künstler und Rundfunksender, komponierte Klaviermusik für Stummfilme sowie für den Trautonium-Solisten Oskar Sala und leitete Kinoorchester. Dann absolvierte Walter die Meisterklasse von Arnold Schönberg an der Preußischen Akademie der Künste.
Vom 1. Dezember 1930 an war er probeweise als Pianist bei den Comedian Harmonists engagiert, als Ersatz für den ausgeschiedenen Erwin Bootz. Das Engagement von Fried Walter dauerte jedoch nur bis zum 31. Januar 1931, dann wurde er durch Walter Joseph ersetzt. In einem mehrseitigen handschriftlichen Beschwerdebrief betonte Fried Walter am Silvestertag 1930, er habe bisher „nicht ein einziges Stück mit der Gruppe probieren können“, unter anderem weil er die Partituren erst spät erhalten habe. Bootz und Frommermann hatten ihn in deren Musikstil unterwiesen, da es so gut wie keine Noten gab und Bootz meist improvisierte. Walters Gage für zwei Monate betrug ganze 250 Mark.
Danach war Fried Walter als freier Pianist und Arrangeur tätig, hatte Auftritte in Holland mit seiner späteren Frau und war ab Anfang 1934 Pianist und Arrangeur der Humoresk Melodios, mit denen er neben Konzert- und Rundfunkauftritten auch Schallplatten- und Filmaufnahmen absolvierte. Im Sommer 1935 verließ er die Gruppe, um sich der Oper zu widmen. Ab November 1938 begleitete Fried Walter wieder die Humoresk Melodios, bis zum Juni 1943. Zwischenzeitlich gehörte er mit seiner Frau Elisabeth etwa ab 1937 zu der Damen-Gesangsgruppe Allotrias und dirigierte in den Folgejahren eigene Opernkomposition, unter anderem „Königin Elisabeth“ 1938 in Stockholm und Hamburg, „Andreas Wolfius“ 1940 an der Berliner Staatsoper und „Dorfmusik“ 1943 in Wiesbaden. 1944 wurde Walters Ballett „Kleopatra“ in Prag aufgeführt, nebenbei komponierte er weiter Filmmusik. Er lebte in Berlin-Wilmersdorf, Wilhelmsaue 136, später am Barbarossaplatz 3 in Berlin-Schöneberg.
Fried Walter erlebte das Kriegsende in Schwerin. Nach 1945 war er zunächst Pianist und Korrepetitor an der Staatsoper Berlin, ab 1947 dann Gründer und Leiter des RIAS-Unterhaltungsorchesters in Berlin. Hier kam es zu einem Wiedersehen mit Harry Frohman (Frommermann), der als amerikanischer Kontrolloffizier beim RIAS beschäftigt war. Fried Walter war auch weiter als Komponist, Arrangeur und Produzent erfolgreich. Er wurde vorübergehend Abteilungsleiter für Tanz- und Unterhaltungsmusik beim RIAS und blieb weiter Dirigent des RIAS-Unterhaltungsorchesters. Fried Walter war in erster Ehe verheiratet mit einer holländischen Sängerin. Aus dieser Ehe stammten ein Sohn und eine Tochter. Mit seiner zweiten Frau, die er 1950 kennenlernte und 1963 heiratete, wohnte Fried Walter in Berlin-Dahlem, Kuckuksweg 6a. In den frühen 70er Jahren sahen sich Harry Frohman und Fried Walter noch einmal in Berlin wieder.
1972 ging Fried Walter in den Ruhestand, komponierte und arrangierte aber weiter, so zum Beispiel in den 80er Jahren den Titel „Veronika, der Lenz ist da“ für das Programm „A Tribute To The Comedian Harmonists“ der King’s Singers. Fried Walter starb am 8. April 1996 in Berlin. In seinem Geburtsort Ottendorf ist eine Straße nach ihm benannt, an seinem Geburtshaus (heute Radeburger Straße 20) ist eine Gedenktafel angebracht.
– s. a. Galle, Petra: RIAS Berlin und Berliner Rundfunk 1945-1949, LIT Verlag Münster, 2003, und Eisold, Wolf-Dieter: Fried Walter ˗ Lebenslauf eines Musikers, Ottendorfer Bote, Heft 30 vom 6. Dezember 2007, S. 5 – 19.
 


Unter Verwendung von Nachlässen, Entschädigungsakten und publizierten Quellen sowie der Hanns Fischer Family Collection des Leo Baeck Institute, Center for Jewish History, New York. Mit Dank an Herrn Prof. Dr. Dr. Erich Kuß, München.