Richard Sengeleitner
von Broody
Richard SENGELEITNER
* 28.7.1903 in Fürth
† 12.7.1980 in Berlin-Zehlendorf
Richard Sengeleitner wurde am 28. Juli 1903 in Fürth geboren. Er studierte an der Musikakademie in München und debütierte 1930 als Tenor am Stadttheater Hagen/Westfalen. Weitere Engagements führten ihn 1932 ans Stadttheater Bremerhaven und 1933 ans Landestheater Coburg. Mit Vertrag vom 28. Juni 1935 wurde er zweiter Tenor des Meistersextetts. Er wohnte zu dieser Zeit zur Untermiete in der Düsseldorfer Straße 7 in Berlin-Wilmersdorf. Der zunächst für ein Jahr geschlossene Vertrag sicherte ihm ein monatliches Angestellten-Gehalt von 500 Reichsmark plus Spesen und ein Weihnachtsgeld von 50 RM und sollte sich automatisch verlängern, sofern er nicht einseitig fristgerecht gekündigt wird. Richard Sengeleitner war an den ersten künstlerischen Erfolgen des Meistersextetts ebenso beteiligt wie an zehn Plattenaufnahmen und an den Filmen „Die Entführung“ und „Schabernack“ sowie an dem Reklamefilm für die Firma Caspar Blume. Das Gerücht, Sengeleitner habe sich stimmlich nicht zufriedenstellend in das Ensemble eingefügt, entbehrt jeder Grundlage, im Gegenteil: Die klassisch ausgebildete Stimme Sengeleitners passte sich einerseits präzise und unauffällig in die Gesamtharmonie des Gruppenklangs ein, entfaltete andererseits aber auch wenn nötig eine kraftvolle solistische Präsenz. Ebenso wie Walther Blanke wurde auch Richard Sengeleitner am 31. März 1936 ein neuer Vertrag mit dem Meistersextett angeboten, den er jedoch nicht unterschrieb. Die Einschaltung der Reichskulturkammer brachte keinen Erfolg, so dass auch Sengeleitner zum 30. Juni 1936 eine Kündigung erhielt. Offenbar fand sich Sengeleitner letztendlich damit ab, da er ohnehin eine Solokarriere anstrebte. Eine Klage von ihm und Walther Blanke gegen das Meistersextett vor dem Arbeitsgericht Berlin wegen ausstehender Gagen wurde am 24. Juni 1936 abgewiesen. Richard Sengeleitner sollte zuerst durch Rudi Schuricke ersetzt werden, der aber von Ari Leschnikoff abgelehnt wurde. Schließlich fand man im Sommer 1936 zunächst Zeno Costa von den Kardosch-Sängern als neuen Tenor, der dann im September 1936 von Alfred Grunert abgelöst wurde.
Richard Sengeleitner wohnte inzwischen in der Kantstraße 51 in Berlin-Charlottenburg und fand ab Sommer 1936 ein Engagement als erster lyrischer Tenor am Stadttheater Mainz. Bei den Filmaufnahmen des Meistersextetts für „Die un-erhörte Frau“ am 15. August 1936 wurde er jedoch für eine Gage von 50 RM erneut befristet engagiert.
Aus dem Jahr 1936 ist eine Rundfunkaufnahme mit Richard Sengeleitner erhalten geblieben. Er singt den Schmiedegesellen Peter in Eduard Künnekes Operette „Das Dorf ohne Glocke“, zusammen mit dem Orchester und dem Kammerchor des Deutschlandsenders Berlin. Von 1937 bis 1939 war Richard Sengeleitner am Stadttheater von Freiburg im Breisgau engagiert. Zu seinem Repertoire gehörten Opernpartien als lyrischer Tenor und Operettenrollen. 1937/38 machte er mehrere Schallplattenaufnahmen als Tenor mit Orchesterbegleitung für die Firma Grammophon, u. a. „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ aus „Der Vetter aus Dingsda“ von Eduard Künneke, „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ aus „Der Vogelhändler“ von Carl Zeller, „Liebe, du Himmel auf Erden“ und „Gern hab ich die Frau’n geküsst“ aus der Operette „Paganini“ von Franz Lehar, ferner „Erinnerungen an Sorrent“ von de Curtis, „Die Millionen des Harlekin“ von Riccardo Drigo, „Trinke Liebchen, trinke schnell“ aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß und „Als flotter Geist“ aus dem „Zigeunerbaron“. Er nahm außerdem die Lieder „Mein Herz sehnt sich nach Liebe“ und „Dir allein“ von Gerhard Winkler auf.
Richard Sengeleitner war Mitglied der Reichskulturkammer, Fachschaft Bühne. Während der Spielzeit 1940/41 war er am Staatstheater Danzig engagiert und darüber hinaus beim Rundfunk tätig. 1941 war er für den Deutschen Veranstaltungs-Dienst und ab dem 1. März 1942 für die Künstler-Agentur Cornelis Bronsgeest im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung als erster Tenor tätig. Er war bereits in zweiter Ehe verheiratet und hatte drei Kinder, davon eines aus erster Ehe. Die Familie wohnte in Berlin-Neukölln, Braunauer Straße 75. Am 30. Januar 1944 wurden seine Wohnung und der größte Teil der Einrichtung bei einem Bombenangriff vernichtet, so dass die Familie in ein Notquartier in der Lahnstraße 80 in Berlin-Neukölln ziehen musste.
Über seine ersten Nachkriegs-Aktivitäten ist nichts bekannt. Ab 1956 bis etwa 1973 war Richard Sengeleitner Gesangslehrer an der Musikhochschule Berlin, wo er 1958 eine Professur erhielt. Zu seinen Schülern gehörten der Bariton Günter Reich, die Mezzosopranistinnen Verena Keller, Helrun Gardow und Elisabeth Steiner sowie die Altistin Vera Little.
Richard Sengeleitner lebte bis zu seinem Tod in Berlin-Neukölln, Ilsestraße 16a. Er starb am 12. Juli 1980 in Berlin.
Unter Verwendung von Nachlässen und publizierten Quellen,
siehe auch Operissimo.