Herbert Imlau

von Broody
 

Herbert IMLAU

* 8.10.1904 in Deutsch Eylau
† 23.10.1983 in Bergisch-Gladbach

 
Herbert Imlau wurde am 8. Oktober 1904 in der damals ostpreußischen Kreisstadt Deutsch Eylau (heute Iława, Polen) geboren. Er wuchs in Halle an der Saale auf und besuchte dort die Schule der christlich geprägten „Franckeschen Stiftungen“. Danach absolvierte er zunächst eine Lehre zum Bankkaufmann, dann eine klassische Gesangsausbildung.
Ab Anfang 1934 sang Herbert Imlau als Bariton bei den Humoresk Melodios und wirkte mit dieser Gruppe auch in dem Film „Freut Euch des Lebens“ mit, schied aber nach einem Streit im Frühjahr 1934 aus. Noch im selben Jahr war er an der Gründung der Spree-Revellers beteiligt, zu denen neben ihm als Bariton auch Gerhard Herrmann (Tenor), Bernhard Wehlan (Bass) und Albert Schmitz (Klavier) sowie ein weiteres, unbekanntes Mitglied gehörten. Ab Ende 1935 kam Rudi Schuricke als Tenor, ab Anfang 1936 Werner Doege als Pianist dazu. Herbert Imlau war inzwischen unter der Mitglieds-Nummer 7300 Mitglied der Fachschaft Artistik der Reichsmusikkammer geworden.
Ab dem 10. August 1936 war Herbert Imlau als Bariton Mitglied des Meistersextetts. Als Nachfolger von Walter Blanke gehörte er neben Alfred Grunert zur zweiten Besetzung des Ensembles. Er wohnte zu dieser Zeit in der Kolonnenstraße 2 in Berlin-Schöneberg. In den ersten drei Monaten erhielt er ein Festgehalt von 500 Reichsmark brutto plus Spesen, ab Dezember 1936 dann 610 RM. Inzwischen war er in die Winterfeldstraße 33 in Berlin-Schöneberg umgezogen. Herbert Imlau brachte umfangreiche Erfahrungen aus seiner früheren Tätigkeit in anderen Vokalgruppen mit und passte sich mit seiner runden, tragenden Baritonstimme hervorragend ins Ensemble ein. Gemeinsam mit dem Meistersextett wirkte er in den Spielfilmen „Die un-erhörte Frau“ (1936), „Und Du mein Schatz fährst mit“ und „Fremdenheim Filoda“ (1937) mit, außerdem hat er im selben Jahr in dem UFA-Film „Kleiner Mann ganz groß“ mit Victor de Kowa und Gusti Huber mitgespielt. Ab dem 1. September 1938 verdiente er monatlich 700 RM, nachdem er, Kassen und Grunert sich gegenüber Robert Biberti für eine Gehaltserhöhung stark gemacht hatten. Ab 1938 wohnte Herbert Imlau in der Habsburger Straße 6 in Berlin-Schöneberg. Im selben Jahr lernte er seine spätere Ehefrau Eva Gericke aus Berlin kennen, mit der er sich am 18. Mai 1939 verlobte. Wenige Tage später unterzeichnete er zusammen mit Fred Kassen, Ari Leschnikoff und Rudolf Zeller eine geheime Vereinbarung, die auf eine Neugründung des Meistersextetts ab Herbst 1939 abzielte. Doch mit der zwangsweisen Stilllegung des Meistersextetts erhielt auch Herbert Imlau am 9. September 1939 eine Kündigung. Später warf Biberti ihm vor, sich in den Auseinandersetzungen mit Kassen und Leschnikoff im Frühjahr 1939 neutral verhalten zu haben. Herbert Imlau kehrte noch im Dezember 1939 in sein früheres Ensemble Spree-Revellers zurück, dass sich inzwischen in 5 Melodisten umbenannt hatte, und startete in Fallersleben eine Tournee. Die Gruppe bestand ferner aus Werner Preuß, Friedrich Mietzner, Bernhard Wehlan und Gerd Elstermann. Berichtet wird, dass sich Herbert Imlau im Mai 1940 auf eine Annonce von Bruno Seidler-Winkler beworben haben soll, mit der dieser ohne Nennung des Namens neue Sänger für das Meistersextett suchte. Nachdem Imlau bemerkte, wer da nach neuen Stimmen sucht, soll er seine Bewerbung erbost zurückgezogen haben. Mehrere direkte Anfragen von Biberti im Jahr 1940 lehnte Imlau jedenfalls mit der Begründung ab, dass er inzwischen ein eigenes Ensemble leite. Doch die 5 Melodisten lösten sich Ende Mai 1940 auf, da einige Mitglieder zum 1. Juni zum Wehrdienst eingezogen wurden. Herbert Imlau erhielt bei der Wehrmacht aufgrund seiner Vorbildung eine Ausbildung zum Zahlmeister. 1941 heiratete er Eva Gericke und beide zogen gemeinsam in die Waitzstraße 16 in Berlin-Charlottenburg, nahe dem Kurfürstendamm. Am 11. Dezember 1942 wurde in Berlin ihre Tochter Margrit geboren. Herbert Imlau machte den Russlandfeldzug mit und war ab Sommer 1944 in Italien stationiert. Dort geriet er im Mai 1945 in englische Kriegsgefangenschaft und wurde am 14. August 1945 entlassen.
Herbert Imlau ging zunächst nach Braunschweig, wohin seine Frau mit der Tochter vor den Bombenangriffen auf Berlin geflohen war. Die Wohnung in Berlin war ausgebombt. Er gründete noch Ende 1945 das Comedien-Quartett, bestehend aus Alexander Kutterla (Erster Tenor), Kurt Stephan (Zweiter Tenor), Herbert Imlau (Bariton) und Rudolf Bilski (Bass). Die Namensgebung für das Quartett brachte ihm zunächst einen Plagiatsvorwurf von Biberti ein, der sämtliche Neugründungen im Stil der Comedian Harmonists argwöhnisch verfolgte, ohne selbst künstlerisch aktiv zu werden. Herbert Imlau trat mit seiner Gruppe in den 1950er Jahren in ganz Deutschland auf, auch unter dem Namen Musikanten-Quartett und weiteren Pseudonymen, daneben hatte die Gruppe viele Rundfunkauftritte beim NWDR in Köln und machte zahlreiche Schallplattenaufnahmen eigener Titel und als Begleitung seinerzeit namhafter Künstler wie René Carol, Lonny Kellner oder Jupp Schmitz. Ab Mitte der 1950er Jahre trat Herbert Imlau mit dem Comedien-Quartett auch als Hula Hawaiian Quartett in Erscheinung, das Titel im damals modernen Südsee-Sound auf Schallplatten aufnahm, überwiegend für die Firmen Polydor und Decca. Mit Titeln wie „Die Perle auf dem Meeresgrund“ schaffte es das Quartett 1955 sogar unter die besten zehn Titel der deutschen Hitparade. Kurz darauf erschien das Herbert-Imlau-Quartett auf Bühnen und Schallplatten, das wiederum mit der aktuellen Besetzung des Comedien-Quartett identisch war. Die Gruppe machte einige Plattenaufnahmen mit Simon Krapp und seinem Orchester, überwiegend für die Firma Odeon. Die Mitglieder des Comedien-Quartett traten zusammen mit den Damen des Sunshine Quartett bzw. mit den Moonlights auch als Die sieben Raben auf. Ab November 1956 lief ihr Titel „Smoky“ acht Wochen lang auf Platz eins der deutschen Hitparade. 1957 wirkte das Comedien-Quartett zusammen mit den Schöneberger Sängerknaben, den Moonlights und den Orchestern Erwin Lehn und Kurt Edelhagen in dem Musikfilm „Liebe, Jazz und Übermut“ unter der Regie von Erik Ode mit, in dem Darsteller wie Peter Alexander, Bibi Johns, Rudolf Platte, Grethe Weiser und Roland Kaiser zu sehen waren. Etwa ab 1957 erschienen mehrere Titel der Ponny Boys, einem weiteren Pseudonym des Comedien-Quartett unter der Leitung von Herbert Imlau, auf Polydor. Weitere Pseudonyme der von ihm geleiteten Gesangsgruppen waren Die Leonardos und Die Argentinos, vermutlich auch Die Jonnys. Zusammen mit Erich Werner bildete Herbert Imlau den Eric-Herbert-Chor. Insgesamt dürfte die Zahl der Nachkriegsaufnahmen mit seiner Beteiligung bei über 200 liegen.
Familie Imlau lebte seit Frühjahr 1958 in einem eigenen Haus in Refrath bei Köln. Nach dem Erscheinen einer Artikelserie über die Comedian Harmonists in der Illustrierten „Constanze“ im selben Jahr nahm Herbert Imlau Kontakt zu dem „wiederentdeckten“ Ari Leschnikoff auf, mit dem er immerhin drei Jahre lang zusammen beim Meistersextett war. Imlau bemühte sich nach Kräften, die materielle Not Leschnikoffs zu lindern und veranlasste die Electrola, einige inzwischen wiederveröffentlichte Schallplatten der Comedian Harmonists an Leschnikoff zu schicken. Bezüglich etwaiger Schallplatten-Tantiemen seit 1939 versuchte er, Leschnikoff an Biberti zu vermitteln, was aber an Bibertis grundsätzlicher Weigerung scheiterte, mit Leschnikoff Kontakt aufzunehmen. Somit verhallte auch Imlaus Vorschlag, das Meistersextett in der Original-Besetzung von 1936 bis 1939 noch einmal auftreten zu lassen.
Die Mitwirkung von Herbert Imlau an der Fernsehproduktion „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ nach dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada (Erstausstrahlung Mai 1962) konnte bislang nicht belegt werden.
Inzwischen begann Herbert Imlaus Tochter Margrit 1959 eine eigene Schlagerkarriere mit zahlreichen Plattenaufnahmen und zählte neben Sängerinnen wie Conny Froboess, Heidi Brühl und Gaby King zu den deutschen Teenager-Stars der 1960er Jahre. Sie spielte auch in dem Film „Salem Aleikum“ mit Peter Alexander und sang dort „Ein kleines Haus am blauen See“. Imlaus Sohn Horst war Kameramann beim Westdeutschen Rundfunk.
Trotz früherer Meinungsverschiedenheiten pflegte Herbert Imlau bis in die 70er Jahre einen freundschaftlichen postalischen Kontakt mit Robert Biberti, der Familie Imlau auch mindestens einmal in Refrath besucht hatte. Herbert Imlau galt als leidenschaftlicher Schwimmer und Leichtathlet und war bis 1964 noch künstlerisch tätig. Danach arbeitete er wie auch seine Frau Eva bei der Filiale des „Kölner Stadtanzeigers“ in Bergisch-Gladbach, wo beide im Alten Traßweg 6 wohnten. 1979 erlitt er einen Schlaganfall und blieb rechtsseitig gelähmt. Am 23. Oktober 1983 erlag Herbert Imlau in seinem Wohnort Bergisch-Gladbach einem Krebsleiden. Er hinterließ seine Frau Eva, die am 13. Januar 2009 starb, sowie seine beiden Kinder und drei Enkel.

 


Unter Verwendung von Nachlässen und publizierten Quellen,
mit herzlichem Dank an Josef Westner.

 

Zu den zahlreichen Aufnahmen siehe auch Deutsches Grammophon und Schellackplatten Portal
und Rock’n’Roll-Schallplatten-Forum.